GOD'S BIOMETRIC DATA
Zu den Arbeiten von Erik Andersen
In der Ausstellung God’s Biometric Data setzt Erik Andersen die Arbeit an seinem zentralen Thema fort: die Repräsentation des menschlichen Körpers und Daseins. Die zwei skulpturalen Installationen beschäftigen sich mit dem menschlichen Drang, die Existenz beständig zu hinterfragen, und der Suche nach gesichertem Wissen. Von diesem Startpunkt aus setzt Andersen geometrische Grundformen, verknüpft und wiederholt diese und schafft so Zitate an die Heilige Geometrie und disponiert so das fluide und diffuse Konzept, das wir von uns selbst und dem Göttlichen haben.
Die erste Installation ist eine große Harzstruktur in der Form eines Quadrates, das so von der Wand abgezogen wurde, sodass es wie ein geöffneter Buchdeckel anmutet. Dabei wird die Struktur von einem dagegen stützenden Metallprofil augenscheinlich stabilisiert. Auf der innenseitigen Oberfläche zeigt sich die Reflektion einer himmelsähnlichen Malerei, die auch auf der Wand zu finden ist, von der es abgezogen wurde. Auf diese Art entlarvt Andersen die Illusion des Naturphänomens auf der zweidimensionalen Fläche als solches, indem er dessen Konstruiertheit und Unfähigkeit für sich allein stehen zu können, offenbart. Es handelt sich lediglich um den Versuch sich ein Bild von der Welt zu machen, nicht um die Welt selbst. Obwohl das Bild dem ähnelt, was es versucht abzubilden, braucht es noch immer seinen Signifikanten, um signifikant zu sein: So stellt sich die Frage, wie glaubwürdig die Beweise eigentlich sind, auf die sich unser Wissen stützt.
Das Metallprofil, das gegen das Quadrat lehnt, formt ein Dreieck mit dessen Oberfläche und dem Boden. Das Dreieck, so wie man es Dreieckengemeinhin zuschreibt, entfaltet hier seine stabilisierende Kraft. Betrachter werden hier mit einer dreidimensionalen Installation konfrontiert und finden zweidimensionale Abbilder. Sie betrachten ein Quadrat und finden Dreiecke: Besonders von einer speziellen Perspektive, aus der das dünne Quadrat zur perfekten Symmetrieachse eines gleichschenkligen Dreiecks wird und es dort in weitere rechtwinklige Triangel spaltet.
Als Teil der zweiten Installation manifestiert sich ein drittes Element der Heiligen Geometrie in einem großflächigen Relief: der Kreis auf dem Quadrat – in der jüdischen Kabbala ein Zeichen für das Göttliche im Irdischen - ist in massives Epoxidharz auf der Vorderseite gezeichnet. Sein äußerer Grat wirkt dabei, als wäre die Zeichnung mit einem gigantischen Daumen vorgenommen worden. Die tragende Bodenkonstruktion definiert den Abstand zur Wand und eröffnet einen weiteren Pfad durch den Raum, der es ermöglicht, die Skulptur zu begehen, ohne sie zu betreten. Durch diese Konstruktion, die sich auf beiden Seiten als Rahmen am Boden erstreckt, erhalten Betrachter auch die Möglichkeit einen Blick auf die blanke, an gewelltes Papier erinnernde Rückseite der Skulptur zu werfen.
Die übereinander geschichteten und sich so gegenseitig verschleiernden Geometrien in der Ausstellung spiegeln unsere Tendenz dazu wieder, die wenigen gegebenen Informationen – bruchstückhafte, nebulöse Visionen vom Ganzen – zu etwas Gesichertem, Unleugbarem und Unwiderlegbarem zusammenfügen. Dieser Prozess der Wissens- und Gewissheitsbildung wird durch das wiederholte Nutzen von Fläche und dem Spiel von zweidimensionaler Ebene und dreidimensionalem Raum doppelt sichtbar und hebt dabei gleichzeitig auf die alltägliche Verwendung der Oberflächen unserer technischen Geräte ab. In nahezu jeder technologischen Neuerung, die unser Leben einfacher zu machen scheint, wirken verstörende und intransparente Mechaniken im Inneren, die nur für die Wenigsten überhaupt greifbar werden. Auf diese Weise verknüpft Andersen die Intransparenz von Technologie mit der Undurchsichtigkeit des menschlichen Daseins und zieht dabei eine prekäre Linie zwischen unendlicher Wiederholung und Bedeutungslosigkeit.
Julianne Cordray & Peter Wagner